Generalisierte Angststörung (Live-Mitschrift)

  • Klientin (ca. 40 J.), verheiratet, eine Tochter
  • Anlass: generalisierte Angststörung. Befürchtung der Mitverursachung der Herzbeschwerden des Ehemannes
    („Ich verursache mit meinen Ängsten seine Symptome“)

 

Klientin erscheint extrem aufgeregt.
Hans: „Sie sind ziemlich aufgeregt. Auf einer Skala von 1-10 – wie stark?“
Klientin: „7-8“
Hans: „Machen Sie es sich bequem. Schließen Sie die Augen, legen Sie den Kopf zurück. Spüren Sie nur die Aufregung. Nehmen Sie sich Zeit, genau wahrzunehmen, was da ist. Wird es besser oder schlechter?“
Klientin: „eher besser“
Hans: „Wenn es geht, reden Sie jetzt innerlich so wenig wie möglich. Spüren Sie jetzt einmal den Kern der Aufregung oder der Angst. Das ist wahrscheinlich das Gleiche. Wo spüren Sie es?“
Klientin: „in der Magengegend“
Hans: „Stellen Sie sich vor, Sie würden dort einfach hinschauen und sich ein Bild machen. Wie sieht das Bild aus?“
Klientin: „eine rote Kugel“
Hans: „Schauen Sie diese Kugel an und spüren Sie alles, was sie an Angst ausstrahlt… Einfach hinschauen und spüren… Muten Sie sich alles zu… Nehmen Sie es einfach an.“
Klientin: „Jetzt wird es schon fast richtig gut… Es ist fast weg.“
Hans: „Stellen Sie sich vor, Sie würden den Kern mit den Händen berühren“
Klientin: „Ich sehe ihn gar nicht mehr richtig“
Hans: „Ein Bild können Sie sich schon machen… Fangen Sie an, diesen Kern liebevoll zu streicheln… Seien Sie neugierig, wie sich der Kern verändert.“
Klientin: „er ist gar nicht mehr da“
Hans: „… und streicheln Sie ihn liebevoll“
Klientin (ruhig): „ich habe das Gefühl, da ist wirklich nichts mehr“
Hans: „Erzählen Sie mir über Ihre Angst“
Klientin (wieder unruhig): „Ich habe immer Angst – vor allem.“
Hans: „Wovor am schlimmsten?“
Klientin: „vor Krankheiten, vor Verlusten. Als Kind vor dem Verlust meiner Mutter, jetzt vor dem Verlust meiner Tochter… Ich analysiere mich ständig.“
Hans: „Würden Sie sagen, die Angst ist immer da?“
Klientin: „Seit ein paar Monaten ist es ganz extrem“
Hans: „Und jetzt im Moment hier?“
Klientin: „Jetzt? Jetzt gar nicht… Ich wünsche mir wenigstens Phasen, in denen ich ohne Angst bin … Ich habe inzwischen Herzrhythmus-Störungen… beobachte mich ständig selbst“
Hans: „Wie schwer fällt es Ihnen, „nein“ zu sagen?“
Klientin: „das kann ich eher nicht“
Hans: „Würden Sie sagen: „Ich bin jemand, der tut, was andere wollen“?“
Klientin: „Hm“
Hans: „Sagen Sie einmal: „Für mich ist es ok, wenn sich andere auf meine Kosten wohl fühlen“
Klientin: (wiederholt)
Hans: „Ist das richtig?“
Klientin: „nein“
Hans: „Was hindert Sie, „nein“ zu sagen?“
Klientin: „Angst, die Zuneigung der anderen zu verlieren … Ich bin so viel für andere da, weil ich sie sonst verlieren könnte.“
Hans: „Wie viele Kinder haben Sie?“
Klientin: „eine Tochter und meinen Mann“
Hans: „Werden Sie von denen geliebt?“
Klientin: „Das ist eine fiese Frage. Muss man die fragen?“
Hans: „Sind Ihr Mann und Ihre Tochter bei Ihnen, weil sie Sie lieben oder weil Sie alles für sie tun?“
Klientin (zögert): „Bei meinem Mann bin ich eher sicher, daß er aus Liebe da ist. Bei meiner Tochter bin ich nicht sicher.“
Hans: „Vielleicht hat Ihre Angst sie unfrei gemacht?“
Klientin: „hm“
Hans: „Wie sieht Ihr Tagesablauf aus?“
Klientin: „Wenn ich das erzähle, lachen alle“
Hans (lacht): „Dann werfen wir sie `raus.“
Klientin: „Frühstück machen, Hund, Schichtarbeit, Abendessen machen, Hund, Haushalt – und dann ins Bett“
Hans: „Sind Sie manchmal erschöpft?“
Klientin: „Ich setze mich am Abend hin und möchte etwas für mich machen – lesen, stricken – aber ich schlafe meistens ein … vielleicht ist das vererbt, daß ich immer so müde bin“
Hans: „Ich vermute, Sie kämpfen ständig gegen die Angst, was Sie viel Energie kostet. Und dann haben Sie ja wirklich wenig Zeit für sich. Deshalb sind Sie müde.“
Klientin: „Aber das geht ja anderen auch so.“
Hans: „Ich achte auf mich und lebe ohne Angst – und meine Familie geht“ oder „Ich lebe mit der Angst – und alles bleibt wie es ist“… Was wäre Ihnen lieber?
Klientin: „Der Preis ist zu hoch“
Hans: „Also: „Lieber behalte ich meine Angst“?“
Klientin: „Ich weiß ja nicht, ob es ohne Angst so viel schöner ist. Und dann ohne meinen Mann? Der Preis ist zu hoch … Geht es nicht auch mit Angst?“
Hans: „Sie werden lernen, so wie vorhin mit der Angst umzugehen …“
Klientin (unterbricht): „Mit den Ärzten hier ist das kein Problem. Hier fühle ich mich sicher, wenn etwas passieren würde“
Hans: „… und wenn Sie es gelernt haben, können Sie es auch alleine. Der zweite Schritt wäre „Ich richte mein Leben so ein, daß ich Zeit für mich habe“
Klientin: „hm“
Hans: „Wie viele Stunden sind Sie berufstätig?“
Klientin: „7“
Hans: „Und wie viele Stunden machen Sie Hausarbeit? Ich vermute, daß Sie ein bißchen sehr ausgelastet sind.“
Klientin: „Das ist doch normal“
Hans: „Wenn Sie sich entscheiden, mehr Zeit für sich…“
Klientin (unterbricht): „Ich möchte das schon, aber dann würde ich riskieren, daß mein Mann enttäuscht ist“
Hans: „Mein Mann ist so schwach, daß er ohne mich nicht existieren kann“
Klientin (lächelt): „Provozieren Sie mich gerade?“
Hans: „Mein Mann kippt nicht so leicht aus den Latschen“
Klientin: „Das bin eher ich. Ich würde aus den Latschen kippen“
Hans: „Wenn Sie etwas ändern würden, könnte Ihr Mann das gut verkraften. Er würde sich wahrscheinlich mit einer Frau ohne Angst sogar wohler fühlen. Wie sehr muss er Sie lieben, daß er Sie trotz Ihrer Angst nicht verlässt? … Vielleicht wenn er den Abwasch…“
Klientin (unterbricht): „Er macht nie Abwasch. Höchstens ein- oder zweimal im Jahr.“
Hans: „Wenn er ein- bis zweimal im Jahr den Abwasch machen muss, empfinde ich das als Vorwurf“
Klientin: „Ich muss doch dafür sorgen, daß sich Mann, Tochter und Schwiegersohn wohlfühlen. Die Tochter kapselt sich zwar ab – also putzen tue ich nicht mehr! – aber kochen, Wäsche und gelegentlich auch Geld…“
Hans: „Angenommen, die hätten eine eigene Wohnung und würden sich selbst um ihre Sachen kümmern … und Sie laden sie ein, wenn Sie Lust dazu haben“
Klientin: „Ich weiß nicht, wie die das finden würden“
Hans: „Das wollten Sie den anderen nicht zumuten“
Klientin (korrigiert): „Das wollte ich mir nicht zumuten … Nur wenn ich wüsste, daß ich dadurch keine Zuneigung verlieren würde.“
Hans: „Angenommen, Sie würden sogar Zuneigung gewinnen?“
Klientin: „Die Rechnung geht nicht auf“
Hans: „Wenn sich Ihre Tochter entscheiden würde: entweder Wäsche selbst machen und eine zufriedene Mutter oder weiter wie bisher“
Klientin (zögert): „Ich glaube, die Tochter ist egoistisch. Sie würde das nicht wollen.“
Hans: „Ich vermute, Sie hatten so viel Angst um sie, das war wie ein Schirm um sie herum. Deswegen zieht sie sich zurück.“
Klientin: „hm“
Hans: „Sie haben Angst um die Tochter, Angst um den Mann und jetzt auch noch um Sie selbst. Andere erleben Sie ständig voller Angst. Das ist auch für die anderen eine Herausforderung … Halten wir fest: Ihre Tochter kommt alleine zurecht. Ihr Mann würde mit anpacken. Würde das vielleicht sogar gerne machen…“
Klientin (unterbricht): „Er kennt es aber doch seit 30 Jahren nicht anders“
Hans: „… dafür hätte er eine gut gelaunte Frau und eine gut gelaunte Tochter. Könnte das sein?“
Klientin: „So kennen mich andere ja von früher. Gut gelaunt, lachend“
Hans: „Wenn Sie von sich aus weniger Pflichten erfüllen würden, müsste Ihr Körper weniger Angst zeigen … jetzt brauchen wir eine Entscheidung: Ich möchte ein Stück in diese Richtung gehen … Aber das ist natürlich mit einem Risiko verbunden“
Klientin: „Ich möchte das schon. So kann es nicht weitergehen“
Hans: „Merken Sie, daß Ihre Angst keine Krankheit ist, sondern Ihnen helfen will?“
Klientin: „Das klingt einfach“
Hans: „Aber der erste Schritt ist immer ein Risiko … Lehnen Sie sich zurück. Stellen sie sich vor, Sie sind zuhause. Sie sagen zu Ihrem Mann: „Dein Essen machst du bitte selbst. Ich mache etwas für mich“. Spüren Sie, wie es Ihnen geht.“
Klientin: „Ich möchte das eigentlich nicht sagen. Ich bin doch da“
Hans: „Aber Sie sind ein Mensch, der genau den gleichen Anspruch hat wie die anderen … Sagen Sie ganz liebevoll zu ihm: „Ich kümmere mich jetzt mal um mich“. Wie geht es Ihnen dabei?“
Klientin: „Das ist gar nicht so schwer, aber gespalten bin ich trotzdem.“
Hans: „Was macht er?“
Klientin: „Er geht zum Kühlschrank und nimmt sich etwas Ungesundes. Das will ich nicht“
Hans: „Also doch. Der arme Tropf wird ohne mich krank! Was macht er beim nächsten Mal?“
Klientin: „wieder zum Kühlschrank gehen“
Hans: „Wie geht es Ihnen dabei?“
Klientin: „der Körper entspannt sich, aber im Kopf sind Gedanken wie „Ich bin schuld. Er ernährt sich ungesund.“
Hans: „Heute machst du das Essen selbst. Ich ruhe mich aus“
Klientin: „Ich möchte das nicht sagen. Er versteht es nicht. Vielleicht denkt er, ich will nichts mehr für ihn machen.“
Hans: „Nur wenn Sie es wütend sagen … Bis jetzt hatte er ja gar keine Chance, etwas selbst zu machen … Sagen sie es nochmal“
Klientin: „es wird immer leichter. Geht mir richtig gut damit.“
Hans: „Also: Er geht zum Kühlschrank. Und jetzt machen Sie, worauf Sie am meisten Lust haben. Spazierengehen…“
Klientin (unterbricht): „Ich täte lesen … Aber ist es nicht unfair? Er steht am Tisch und ich mache nichts?“
Hans: „Lassen Sie dieses schlechte Gefühl kommen. Kommentieren Sie es nicht. Wo wäre es auf der Skala?“
Klientin: „4-5“
Hans: „Machen Sie es wie vorhin: Lassen Sie das Gefühl zu … Seien Sie neugierig, was es tut. Wird es eher stärker oder schwächer?“
Klientin: „es bleibt gleich … es ist wie wenn jemand von außen auf meinen Hals drückt“
Hans: „Spüren Sie, was es auslöst … was passiert?“
Klientin: „es wird eher schwächer“
Hans: „Stellen Sie sich vor, Sie würden das Gefühl mit Ihrer Hand berühren. Legen Sie Ihre Hände auf die fremde Hand. Es kann sein, daß es jetzt wieder etwas stärker wird.“
Klientin: „es ist nicht mehr schlimm“
Hans: „Streicheln Sie die fremde Hand ganz liebevoll … Wie geht es Ihnen jetzt?“
Klientin: „gut“
Hans: „Ihr Mann hat inzwischen Abendbrot gerichtet. Stehen Sie auf und sagen Sie liebevoll zu ihm: „Das hast du gut gemacht.“ Was ist das für ein Gefühl?“
Klientin: „ein bißchen schlechtes Gewissen habe ich noch“
Hans: „Wie mache ich mir ein schlechtes Gewissen? Ein schlechtes Gewissen ist die einzige sozial akzeptierte Form des Jammerns … Sie sagen sich: Wie kann ich zulassen, daß der arme Mann sein Essen selbst macht … Stellen Sie sich nochmal vor, wie Sie sich liebevoll bedanken.“
Klientin: „eigentlich schön, wenn jemand etwas für mich macht“
Hans: „Sind Sie es wert, daß jemand etwas für Sie macht? So ein Geben und Nehmen?“
Klientin: „Das stimmt schon. Aber sollte nicht jeder geben, was er kann? Ich kann eben besser Essen machen.“
Hans: „Sie müssen es ja nicht immer so machen … ich glaube aber, daß dadurch in Ihre Beziehung wieder etwas Normalität käme. Und Sie würden spüren, daß Sie ihm etwas wert sind.“
Klientin (laut): „Aber es ist ein Risiko!“
Hans: „Sind Sie bereit, dieses Risiko einzugehen?“
Klientin: „So schwierig ist es gar nicht. Aber müsste er nicht von sich aus seine Hilfe anbieten?“
Hans: „Das ist eben die 30-jährige Gewohnheit…“
Klientin: „Ich könnte es mal probieren“
Hans: „Aber mit einem Mal wäre es nicht getan. Es müsste die Form sein, wie Sie künftig Ihre Beziehung miteinander leben. … Wie oft sind Sie liebevoll zu Ihrem Mann?“
Klientin: „Von mir kommt mehr als von ihm.“
Hans: „Und wie reagiert er?“
Klientin: „gewohnheitsmäßig“
Hans: „naja, er hatte ja bisher keinen Spielraum, etwas zu machen“
Klientin: „das wäre alles schon schön – wenn nur das schlechte Gewissen nicht wäre“
Hans: „Ängste bekommen Sie durch Kämpfe nicht in den Griff. Nur durch Zulassen und Fühlen. Aber ein schlechtes Gewissen, das Jammern, können Sie einfach abstellen, wenn Sie sich dafür entscheiden … Gestern hatte ich einen Mann hier, der auch nie an sich gedacht hat. Der war schon 77 Jahre alt und hat es dann kapiert … (erzählt Geschichte eines Mannes, der sich übermäßig kirchlich engagierte)
Klientin: „Das wäre schon mal was. Sich mal ein bißchen was zu trauen“
Hans: „Mit „ein bißchen“ wäre es nicht getan“
Klientin: „Hat man Chancen, daß dann auch die Herzsymptome dauerhaft verschwinden?“
Hans: „Gefühle sind dazu da, um gefühlt zu werden. Ansonsten packen wir sie in einen Rucksack. Und damit kommen sie als Angst immer wieder … Die nächsten Schritte wären also: Erstens, die Angst zulassen und zweitens, „Ich nehme mir Zeit für mich und mute meinem Mann zu, auch etwas zu tun. Und was er nicht macht, bleibt eben einfach liegen“
Klientin: „hm“
Hans: „Glauben Sie nicht, daß das was Sie haben selten ist!“
Klientin: „Aber so machen es doch alle (bringt Beispiele aus der Nachbarschaft)
Hans: „Das ist ein Irrtum. Der Schluss, daß die anderen noch mehr machen als Sie, ist falsch. Es ist Ihr Bild, das, wie Sie glauben, daß es sein muss … Jeder Körper hat Grundbedürfnisse, die erfüllt werden müssen, um gesund zu bleiben … Angst an sich ist harmlos. Sie können nicht daran sterben. Aber es macht Ihr Leben nicht lebenswert …. Meine These: Ich habe im Leben Verantwortung nur für mich und für Kinder, so lange sie klein sind. Und für alte oder behinderte Menschen übernehme ich so viel Verantwortung, wie ich gerne übernehmen kann … Die Frau eines Alkoholikers übernimmt die Verantwortung, daß ihr Mann nicht mehr trinkt. Sie kontrolliert, schimpft. Damit hat er keine Verantwortung mehr für sich – und kann hemmungslos trinken.“
Klientin (nachdenklich): „Das habe ich wohl so gemacht. Und das soll ich jetzt alles anders machen?“
Hans: „Es wäre gut, wenn sie sich vornähmen, jeden Tag eine Stunde ausschließlich für sich zu nehmen. Was Sie bis dahin noch nicht gemacht haben, lassen Sie einfach liegen.“
Klientin: „Ich probiere es“
Hans: (läßt die Frau „probieren“, aufzustehen und erklärt den Unterschied zwischen Probieren und tatsächlichem Tun)

„Ich habe nicht gesagt, daß Sie es probieren sollen, sondern daß Sie es tun sollen. Sagen Sie laut: „Ich entscheide mich jetzt, ab sofort jeden Tag eine Stunde für mich zu reservieren“. Wie fühlt sich das an?

Klientin: „egoistisch … aber eigentlich machen es die anderen ja auch. Klingt verlockend. Und ohne mich ertappt zu fühlen…“
Hans: „Sie dürfen sagen, daß das Ihr Auftrag von mir ist“
Klientin (sofort): „Dann ist es leichter!“
Hans: „Das gilt aber nur für den ersten Auftrag!“
Klientin: „Ich habe noch nie für mich entschieden … Aber was sage ich denn, wenn mein Mann heimkommt, die Küche ist nicht aufgeräumt und ich lese?“
Hans: „Ich lese noch zu Ende. Wenn du Lust hast, kannst du mit der Küche schon mal anfangen“
Klientin: „Ich lese – und er soll arbeiten?“
Hans: „Er entscheidet, ob er arbeiten will!“
Klientin: „Gibt es wirklich Menschen, die das so machen? Ich kenne niemanden!“
Hans: „Die Menschen, die gesund leben…“
Klientin: „Hm … Mein Mann macht auch, worauf er Lust hat. Werkeln zum Beispiel.“
Hans: „Sie können sich immer entscheiden. Und wenn es mal nur eine halbe Stunde ist, dann machen Sie am nächsten Tag eben 1,5 Stunden! … Im nächsten Termin werden wir klären, wie sie es erlebt haben. Und wir werden noch etwas üben, mit der Angst umzugehen. Machen wir es so?“
Klientin: Ich probiere es – nein! – Ich mache es! … Mensch, wenn das funktionieren würde, könnte ich tatsächlich noch etwas mit meinem Leben machen! … Und dann brauche ich auch die Tabletten nicht mehr, die mir der Hausarzt verschrieben hat.“
Hans: „Mit Medikamenten wird die Angst eher chronisch“
Klientin: „Ich möchte sie ja auch nicht nehmen. Ich möchte mein Leben selbst bestimmen. Also höre ich wieder auf mit den Tabletten. Das ist auch genau das, was ich will. Kann ich sie einfach absetzen?“
Hans: „Sprechen Sie das mit Ihrem Arzt ab“
Klientin: „Und vielleicht komme ich irgendwann auch wieder alleine mit dem Auto. Heute habe ich mich fahren lassen. Ich fahre ja auch nicht mehr selbst.“
Hans: „Sie wären nicht die erste…“
Klientin (begeistert): „Also, wir machen jetzt die Angst weg!“
Hans: „Nein, wir nutzen die Angst. Angst ist eines der wertvollsten Gefühle.“
Klientin: „Jetzt habe ich 40 Jahre gebraucht, um die Angst zu bekommen. So lange darf es aber nicht dauern, sie wieder loszuwerden.“
Hans: „Erfahrungsgemäß dauert es ungefähr ein Jahr. Dann werden Sie ganz ohne Angst leben“
Klientin: „Das wäre so schön…“

Anmerkungen von Hans Rebhan:

“Der innere Konflikt der Klientin ist gut zu erkennen. Obwohl sie selbst spürt, dass sie erschöpft ist, hat sie ständig Angst, ihre Familie zu enttäuschen. Wie viele andere Menschen glaubt sie, sich Liebe und Anerkennung “verdienen” zu müssen. Sie übersieht dabei, das das Zusammenleben mit einem Menschen, der sich für andere “aufopfert”, für alle Beteiligten kein Vergnügen ist. Zu jedem “Opfer” gehört ein “Täter”. Es ist nicht fair, seinen Partner als “Täter” erscheinen zu lassen, weil man sich von sich aus für die “Opfer-Rolle” entschieden hat.”